Sehr geehrte Damen und Herren,

die Chinesen haben ja oft genug bewiesen, dass sie ein Volk mit einer viele tausend Jahre alten Hochkultur sind. Zurzeit entwickeln sie sich zu einer modernen Industriegesellschaft. So habe ich mich öfter gefragt, warum diese klugen Menschen immer noch an der alten Schrift mit ihren tausenden komplizierten Zeichen festhalten.

Die Antwort fand ich in diesem Jahr in einem Taxi in Hong Kong, als ich mit meiner Frau unseren Sohn besuchte. Wir saßen also zu viert in dem Auto und stellten fest, dass der Taxifahrer kein Wort Englisch verstand. Er sprach nur Kantonesisch, die Sprache dieser Gegend. Die chinesische Freundin unseres Sohnes sprach aber nur Mandarin, das sog. Hochchinesisch. Das ist zu Kantonesisch etwa so unterschiedlich wie Deutsch zu Finnisch. Während wir uns noch fragend ansahen, schrieb die Freundin unseres Sohnes einige chinesische Schriftzeichen auf ein Blatt Papier. Das verstand der Fahrer sofort.

So wurde mir klar, wie die chinesische Schrift funktioniert. Da gibt es ein Zeichen für „Auto“, eins für „gehen“ eins für „schön“ und so weiter; also für die Bedeutung von jedem gesprochenen Wort. Und das ist dann unabhängig von der Sprache. So ist die alte chinesische Schrift ein ganz wichtiges Bindeglied zwischen dem Vielvölkerstaat China mit seinen vielen unterschiedlichen Sprachen.

Wieder zurück in Deutschland dachte ich an den Euro. Was ist innerhalb der Euro-Länder wohl ein wichtiges Bindeglied?

Ich bin der Meinung, es ist das Rechtssystem. Dazu gehören klare, demokratische Gesetze, also Gesetze, die der Bevölkerung und nicht den Regierenden dienen (Beispiel Berlusconi) und die staatliche Kraft und natürlich der Wille, diese auch durchzusetzen.

Wir werden endlos zahlen müssen, wenn es die Mittelmeerländer nicht schaffen, z.B. die Korruption einzudämmen, zu zahlende Steuern auch einzutreiben, aber auch klare Rahmenbedingen für Unternehmer zu schaffen. Auch wir sollten uns bei diesen Themen nicht zu entspannt zurücklehnen. Denn auch bei uns liegt einiges im Argen, jedoch längst nicht so viel wie bei unseren südlichen Nachbarn.

Ein anderes „Bindeglied“, das angeblich mangelhaft ist, wird oft genannt. Man behauptet, dass der Euro nur funktionieren kann, wenn die Länder wirtschaftlich ähnlich stark sind. Ich halte das für falsch. War der Wohlstand in Deutschland bei der Einführung der D-Mark im Jahr 1948 doch auch sehr unterschiedlich verteilt. Ostfriesland war viel ärmer als Hamburg und das Ruhrgebiet wirtschaftlich viel stärker als der Bayerische Wald. Aber eins war gleich: unser Werte- und Rechtssystem.

Zu unserem Wertesystem gehören auch die christlichen Werte. Weihnachten ist eine schöne Gelegenheit, einmal wieder darüber nachzudenken. Vielleicht schaffen wir es ja, hieraus ein starkes europäisches Bindeglied zu machen.

Der MIT-Vorstand wünscht ein Frohes Fest und einen guten Start in das neue Jahr.

Ihr

Wilfried Uhlmann